Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Refraktor, Newton, Maksutov, Binokular...
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Puukka
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Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Beitrag von Puukka »

Nachdem wir eine kompakte Terrassenvariante unseres 120/1000ers, die etwa die gleiche visuelle Leistung bringt, brauchen könnten, haben wir uns so ein Ding ins Haus geholt.

Fraunhofer 120/1000 mit einem 150/1500 Katadioptrischen zu vergleichen, fand ich somit eine spannende Sache.
Wird der Farbfehler des FH die Schärfe und Kontrast auf das gleiche Niveau eines vom großen Fangspiegel beeinträchtigten Systems bringen?

Mein Fazit nach 3 Stunden Feldarbeit:
Der Cassegrain hat bei Mond und Planeten, sowie hoher Vergrößerung den Vorteil der Farbreinheit. Mond kommt auch knackscharf und kontrastreich, da muss sich das Cassegrain nicht verstecken.
Jedoch sollte das Cassegrain auch gut an die Temperatur angepasst worden sein. Wenn nicht, hat man zumindest immer das Gefühl, das noch mehr drinnen sein könnte.
Lichtstärkemäßig sind die beiden tatsächlich gleichwertig. Konnte keinen Unterschied in Deutlichkeit der Deep Sky Objekte wie Strudelgalaxie und Herkuleshaufen feststellen.

Zum schnell mal Fotos machen (als ernsthafter Astrofotograf würde ich sowieso ein APO oder Newton nehmen) kann man sich jetzt aussuchen, ob einem der Farbfehler des FH mehr stört als die anderen optischen Schwächen des Cassegrain, wobei das Koma sogar ohne Reducer/Flattener gar nicht so schlimm, wie angenommen, war.

Abgesehen vom Optischen:
Komfort des Einblickes:
Cassegrain - es genügt ein verstellbarer Hocker....genial!
Visuelles Aufsuchen:
Refraktor - wegen des weit größeren Gesichtsfeldes. Das Cassegrain ist nichts für Einsteiger, die visuell suchen wollen!
Ausserdem ist das System hecklastig, somit benötigt man bei parallaktischer Montierung und schwerem 2" Zubehör bzw. OAZ ein Gegengewicht für die Prismenschiene!
Leichtigkeit des Fixierens:
Cassegrain
Schwingungsfreiheit:
Cassegrain

Mein Fazit:
Bei akutem Platzmangel (Balkon) oder Bedarf an einem sehr transportablem System finde ich das C6 empfehlenswert
Es hat offenbar eine ähnliche visuelle Leistung wie ein FH 120/1000er bei halber Baulänge.
Bedingung: Genügend Zeit und Gelegenheit zum Temperieren und Bereitschaft, mehr Geld auszugeben (120/1000er derzeit 359,- C6 regulär 745,-)

Ein C8 hat auch seine Berechtigung, das Verhältnis Lichtstärke/Kompaktheit ist da noch besser, jedoch das Gesichtsfeld noch kleiner, die Auskühlzeit länger, die Hecklastigkeit bei parallaktischer Montierung und schwerem Zubehör noch stärker, der Preis höher.

Treffen diese genannten Gründe nicht zu, würde ich eher auf ED Refraktor (auch zumeist noch Balkontauglich) oder andere Systeme setzen.
LG Herbert
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Josef
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Re: Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Beitrag von Josef »

Danke Herbert!

Interessanter Vergleich!
dhuber1
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Re: Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Beitrag von dhuber1 »

Hallo!

Was mich noch interessieren würde: Mit welchen Okularen hast du getestet? Hast du das C6 auf der EQ5 betrieben. Wie schätzt du die zusätzliche Brennweite des C6 in Bezug auf die Deepskybeobachtung ein (ist der Refraktor besser dafür geeignet oder kann ich mit langbrennweitigen Okularen den Gesichtsfeldverlust ausgleichen ohne ein schlechtes Bild zu bekommen) ?
lg Daniel
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Puukka
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Re: Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Beitrag von Puukka »

Mit welchen Okularen hast du getestet?
Wenn ich auf meinem 1000mm Refraktor mein 15mm Planetary mit 60° Blickwinkel verwende, bekomme ich den gleichen Bildauschnitt, wie mit dem 1500mm Cassegrain und meinem GSO Superview 30mm Okular mit 68°.

Und das war eine tolle Sache, denn jetzt konnte ich bei zumindest ähnlicher Brennweite testen.
Da waren sie beide punkto Deutlichkeit bzw. schwach zu sehenden Einzelsterne im M13 gleichwertig.
Danach hab ich am 1000mm das Planetary 15mm und am 1500mm das Planetary 9mm Okular verwendet, bekam wieder einen ähnlichen Bildausschnitt und die Deutlichkeit war wieder nicht zu unterscheiden.
Mir ist klar, ein genauer Test ist das nicht, jedoch für mich eine Überraschung, dass das Cassegrain zumindest in der Bildmitte nicht deutlich schlechter liegt, was ich eher erwartet hätte.
Jedoch schluckt somit der Fangspiegel quasi die 30mm mehr Öffnung.
Hast du das C6 auf der EQ5 betrieben
Ja, geht natürlich, trotz 2" Equipment, wunderbar mit Reserven. Auch das extra angeschaffte 3,5kg Gewicht ist noch nicht am Ende der Stange.

Die Hecklastigkeit hab ich in den Griff bekommen. Ich habe auf die Original-Prismenschiene Huckepack eine 34mm Schiene mit zwei passenden US Gewindeschrauben befestigt. Das löst auch das Problem des hässlichen Anknabberns der Originalschiene, die es als Ersatzteil für den C6 leider nicht gibt. Somit bleibt sie für einen eventuellen Verkauf neuwertig.
Alternativ könne man die Originalschiene abmontieren und zwei Löcher in die 34mm Schiene bohren, damit die sich auf den C6 schrauben lässt.
Die leicht verlängerte Schiene passt jetzt super auch für schweres Equipment.
Wie schätzt du die zusätzliche Brennweite des C6 in Bezug auf die Deepskybeobachtung ein
Der Bildausschnitt 1000mm auf 1500mm verringert sich um 50%
Das ist schon viel, nett für die planetarischen Nebel, Sternenhaufen und einzelne Galaxien jedoch für viele Nebel schon zu knapp. Aufsuchen muss man mit dem optischen Sucher, im 30mm Okular sind mir zuwenig Sternformationen für Starhopping.

Leider hab ich noch keinen Reducer/Flattener, dann wären wir mit einem f/6,3 von 1500mm auf angenehme 945mm. Was mich aber noch abschreckt ist, soweit ich bisher herausgefunden habe, die Notwendigkeit den Reducer entweder auf das SC Gewinde (mein Crayford sitzt aber darüber) oder in ein Filtergewinde zu schrauben.
In der Dunkelheit im Felde schraube ich gar nicht gerne irgendwas auf ein Feingewinde. Immer drauflassen hat aber keinen Sinn, wenn ich auch dazwischen Planeten beobachten möchte. Somit hätte ich gerne einen rein klemmbaren Reducer, der aber vermutlich alles zu sehr verlängert. Kennt sich jemand von Euch mit den Reducern auf Cassegrain aus?

LG Herbert
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Re: Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Beitrag von dhuber1 »

Danke für deine Einschätzung!

Bei den Reducern am SC kenne ich mich leider nicht aus.
lg Daniel
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Re: Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Beitrag von Puukka »

Ich denke, die Frage, wie man den Reducer nur zum Klemmen verwenden kann, ist auch geklärt.

Teleskop
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Adapter SC Gewinde auf 2" Steckdurchmesser zum Klemmen
Adapter T2 auf 2"
Kameraadapter T2
Kamera

Die Distanz vom Filter zum Chip sollen in dem Fall 85mm sein, was ich bei der NEX mit dem entsprechenden T2 Adapter hinbekomme.
Mit dem Zenitspiegel aber komme ich auf einen Abstand von ca. 150mm, das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb man den Filter in das Filtergewinde des Zenitspiegels schrauben müsste. :(

LG
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Re: Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Beitrag von Puukka »

Heute waren wir nicht am Feld, sondern auf unserer Kleinstadtterrasse bei mondaufgehelltem, lichtverseuchten und dunstigem Himmel.

Die mit dem FH 120/1000 vergleichbare visuelle Leistung hat sich wieder gezeigt.
Eskimonebel und Leo Triplets (zumindest die beiden helleren der Drei) mit 15mm am Refraktor, und 30mm am Cassegrain (gleicher Bildausschnitt) gleich schwach, aber doch eindeutig zu sehen.
Das Aufsuchen der beiden Objekte gelang mir diesmal sogar visuell flott mittels Stellarium, jedoch muss man sich geduldig von Sternchen zu Sternchen handeln.

Das berühmte Kippeln des Hauptspiegels hab ich übrigens bei meinem Exemplar noch nicht bemerkt, leiert sich vielleicht auch erst später aus.
Dei Kollimation ist trotz Transport im Auto erhalten geblieben.
Also zum gemütlich auf dem Balkon oder Terrasse vom Hocker Schnellspechteln macht er Spaß.

LG Herbert
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Re: Test Refraktor 120/1000 vs. Schmidt Cassegrain C6

Beitrag von Puukka »

Ich habe jetzt versucht, den Gleichstand bei der Sichtbarkeit der Deep Sky Objekte rechnerisch zu überprüfen.

Soviel ich weiß, zählt im Endeffekt die Austrittspupille.

Beim Refraktor 120/1000 muss ich das 15mm Okular verwenden, um auf etwa der gleichen effektiven Brennweite zu kommen wie beim C6 mit 30mm.
Zumindest visuell sehe ich so den gleichen Bildausschnitt.

Das ergibt beim Refraktor eine 66,6 fache Vergrößerung, somit eine AP von 1,5mm
Beim C6 (Öffnung minus 14% Obstruktion relativ zur Fläche) mit 30mm Okular, 50facher Vergrößerung, ergibt eine AP von 2,6mm

Bei einem f/6.3 Reducer hätte der C6 bei 945mm und 30mm Okular eine AP von 4,1mm
Am Refraktor bei 1000mm und 30mm Okular habe ich eine AP von 3mm

Also kleiner, theoretischer Lichtvorteil beim C6.

LG Herbert
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